1890 - 1918 / 1919 - 1933 / 1933 - 1945 / 1945 - 1949 / 1949 - 1989 / 1989 - 2016
Opposition in der DDR
 

Botschaftsbesetzungen erzwingen Ausreise
Seit in Polen und Ungarn die alten kommunistischen Machtstrukturen, befördert durch Michail Gorbatschows gesellschaftlichen und wirtschaftlichen »Umbau« (Perestroika) der Sowjetunion, zerbrachen und Formen von Demokratie entstanden, nahm auch die Unzufriedenheit der Bevölkerung in der DDR immer stärker zu. Insbesondere die Frage »bleiben oder gehen« bewegte die jüngeren Bürger. Der Wunsch, in der Freiheit und Wohlstand versprechenden Bundesrepublik zu leben, wurde bei vielen immer stärker. Am 11. Januar 1989 gelang es einer Gruppe zur Ausreise entschlossener DDR-Bürger, mit der Besetzung der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin durchzusetzen, dass ihnen nicht nur Straffreiheit, sondern zugleich auch die zügige Abfertigung ihrer Ausreiseanträge zugesichert wurden. Im Februar und März wurden jedoch Fluchtversuche mit der Anwendung des Schießbefehls beantwortet. Im August 1989 wurden mehr als 100 Besetzer der bundesdeutschen Botschaft in Budapest (die am 14. August wie andere Botschaften wegen Überfüllung geschlossen wurde) nach Wien ausgeflogen. Damit setzte eine Flüchtlingsbewegung ein, die innerhalb weniger Wochen stark zunahm und sich in der Besetzung der bundesdeutschen Botschaften in Prag, Warschau und Budapest sowie der Ständigen Vertretung in Ost-Berlin vollzog. Im Laufe des Septembers 1989, als bereits die Massenflucht über Ungarn im Gang war, drangen Tausende von DDR-Bürgern in das Gelände der deutschen Botschaft in Prag ein, Hunderte in die deutsche Botschaft in Warschau.
Am Abend des 30. September überbrachte Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher persönlich den etwa 6 000 Flüchtlingen in der Prager Botschaft die Nachricht, dass sie in Sonderzügen der DDR-Reichsbahn über das Gebiet der DDR in die Bundesrepublik ausreisen dürften. Am 4. Oktober folgte mit mehr als 7600 DDR-Flüchtlingen eine zweite Massenausreise aus Prag, nachdem einen Tag zuvor der visafreie Verkehr zwischen der DDR und der Tschechoslowakei ausgesetzt worden war.

Quelle: "Schlaglichter der deutschen Geschichte"
Lizenzausgabe der Bundeszentrale für politische Bildung.
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