1890 - 1918 / 1919 - 1933 / 1933 - 1945 / 1945 - 1949 / 1949 - 1989 / 1989 - 2016
Widerstand
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Wir werden nicht untergehen
Die Auffasung der meisten Historiker, dass sich die Juden wie Lämmer zur schlachtbank haben führen lassen, war für Arno Lustiger, der den holocaust mit knapper not überlebte Ansporn für seine >notwendige Erganzung der Geschitsschreibung<.
Deshalb gehörd seine publizistisches Hauptengagement seit den achziger Jahren, das das gängige bild von der Geschichte der Juden Europas revolutionirte, der Aufarbeitung des jüdischen Widerstandes. ihm es zu Verdanken, dass in Deutschland-wie auch in zahlreichen anderen europäischenLändern -endlich ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist:
die Juden haben unter nationalsozialistischer Terrorherrschaft sehr wohl und zwar in großem Ausmaß Widerstand geleistet.
Autor: Arno Lustiger
ISBN: 3-550-07546-4

Buchauszug
JÜDISCHE WIDERSTANDSKÄMPFER UND SOLDATEN

Jüdischer Widerstand in Europa

In jedem besetzten Land Europas mussten die Widerstandsbewegungen die Möglichkeiten und Risiken aller gegen die Besatzer geplanten Maßnahmen wegen der brutalen Repressalien der Nazis vorsichtig abwägen. Der europäische Widerstand hat im Allgemeinen keine Aktionen geplant, durch die das Leben aller oder eines Teils seiner Mitglieder aufs Spiel gesetzt worden wäre. Ausnahmen waren der kommunistische Widerstand und die sowjetische Partisanenbewegung. Nicht den Toten, sondern den Lebenden galt der Kampf zur Befreiung ihres Landes und für die Freiheit der Menschen.
Die Juden hatten mehr Gründe zum Widerstand als die nichtjüdischen Menschen im besetzten Europa, aber gleichzeitig die ungünstigsten Voraussetzungen zum bewaffneten Kampf. Nichtbefolgung der Anordnungen der Besatzungsbehörden war die erste Widerstandsform der jüdischen Bevölkerung, die sich in allen besetzten Ländern feststellen lässt. Die Juden betrieben eine bedeutende illegale Wirtschaft, die sie vor dem frühen Hungertode bewahrte, sie übten weiter ihre Religion aus und schufen in mehreren ost- und westeuropäischen Ländern konspirative Presse- und Bildungseinrichtungen sowie Jugendorganisationen.
Die unmittelbar nach der deutschen Okkupation erlassenen Verordnungen schränkten die Bewegungsfreiheit der Juden ein; die Errichtung von Ghettos sollte auch die Kommunikation und Kooperation zwischen den jüdischen Zentren verhindern. Es ist allgemein bekannt, dass die meisten Juden, die in die Lager gebracht wurden, bis zuletzt nicht glauben konnten, dass sie dem Tod geweiht waren. Aber selbst wenn die meisten von ihnen um ihr Schicksal gewusst hätten, wie hätten sie reagieren sollen und können?
Erst im weiteren Verlauf des Krieges wurde immer deutlicher, dass die Nationalsozialisten die Auslöschung des ganzen jüdischen Volkes planten. Aus diesem Grunde tickten die Uhren der Juden anders als die der Nichtjuden
in den von den Deutschen besetzten Gebieten. Die meisten Führer der jüdischen Gemeinden versuchten, die Vernichtung mit Hilfe aller erdenklichen Manöver, durch Bestechung und List oder dadurch abzuwenden, dass sie viele Juden als arbeitsfähig und unentbehrlich hervorhoben. Selbst wenn es ihnen nicht gelang, das Leben aller Juden zu retten, so konnte die Verzögerungstaktik doch wenigstens einige vor dem Tod bewahren. Die Nichtjuden dagegen konnten den Krieg zunächst aussitzen, um erst gegen dessen Ende loszuschlagen. Diese Option hatten die von der vollständigen Auslöschung bedrohten Juden nicht.
Sie mussten, soweit es überhaupt möglich war, sofort handeln.

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