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1890 - 1918 / 1919 - 1933 / 1933 - 1945 / 1945 - 1949 / 1949 - 1989 / 1989 - 2016
Opposition in der DDR
 

Kommunalwahlen
Dennoch hielt die SED-Führung weiter an ihrem starren Kurs der Reformverweigerung fest, wie sowohl ihre Manipulation der Kommunalwahlen vom 7. Mai 1989 als auch die demonstrative Unterstützung der chinesischen Regierung nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen-Platz) in Peking am 4. Juni 1989 zeigten. Dort war eine Studentenrebellion gegen das totalitäre Regime von der chinesischen Volksbefreiungsarmee blutig niedergeschlagen worden. Während die durch die Wahlfälschung erzielten Resultate die Zustimmung der Bevölkerung zum SED-Regime unterstreichen sollten, war der Schulterschluss mit den repressiven Kräften in China offenbar ein Signal an innenpolitische Gegner, wie man auch in der DDR mit umstürzlerischen Elementen umzugehen gedachte, wenn diese zu einer ernsthaften Bedrohung für die Regierung werden sollten.
Im Vorfeld der Kommunalwahl war man sich im Politbüro einig gewesen, dass die "Superprozentsätze" früherer Wahlen - 99-Prozent-Zustimmung - diesmal kaum erreichbar seien, da das Übergreifen des Demokratisierungsprozesses aus Osteuropa und das Anwachsen der Opposition in der DDR ihren Tribut fordern würden. Sogar fünf Prozent Gegenstimmen gegen die Kandidaten der Nationalen Front wurden für möglich gehalten. Doch als die Stimmen am 7. Mai ausgezählt waren, schwelgte die SED-Führung wieder in Euphorie. Egon Krenz, der Vorsitzende der Wahlkommission, gab bekannt, dass erneut 95,98 Prozent der Stimmen auf die Kandidaten der Nationalen Front entfallen waren. Im gesamten Land habe es nur 142301 Gegenstimmen gegeben. Erich Honecker nannte das Ergebnis "ein eindrucksvolles Bekenntnis zu der auf Frieden und Sozialismus gerichteten Politik der SED".
Kaum jemand in der SED-Führung bezweifelte, dass die Wahlen wie eh und je manipuliert worden waren. Schabowski bekannte später, dass diese Wahl sich in keiner Weise von früheren Wahlen unterschieden habe und dass in der DDR in der Vergangenheit jede Wahl manipuliert worden sei. Sie seien "nun einmal in dieser Art organisiert (gewesen), ohne besondere Anweisungen, automatisch, wie die großen Demonstrationen".
Doch diesmal wurde das Ergebnis, das die Regierung verkündet hatte, nicht mehr einfach hingenommen. Viele erhoben amtlich Einspruch. Gerüchte, dass die Regierung die Wahldokumente gefälscht habe, um die erwünschten Resultate zu erhalten, machten die Runde. Oppositionsgruppen gingen daran, die Manipulationen aufzudecken. Der Minister für Staatssicherheit, Erich Mielke, wurde mit Berichten über "Aktivitäten feindlicher, oppositioneller und anderer negativer Kräfte", die versuchten, "Beweise über eine angebliche Fälschung der Wahlergebnisse" zu erbringen, regelrecht bombardiert. Mielke wies deshalb die Sicherheitsorgane an, jeden Bürger, der sich über die Inkorrektheit des Wahlverfahrens beschwere, darüber zu informieren, dass "keine Anhaltspunkte für den Verdacht einer Straftat vorliegen".

Quelle: "Informationen zur politischen Bildung", Copyright
Bundeszentrale für politische Bildung
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