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Deutsche Geschichten


Berliner Blockade
Wenige Tage nach der Währungsreform sollte die Berlin-Blockade die Westmächte dazu zwingen, auf die geplante Gründung eines Weststaates zu verzichten.

Am 20. Juni 1948 stellten die Westmächte in ihren Zonen die Reichsmark auf die D-Mark um, nachdem die vorange-
gangenen Anläufe zu einer gesamtdeutschen Währungs-
reform gescheitert waren. Berlin wurde wegen des Vier-Mächte-Status und aus Rücksicht auf die Sowjetunion nicht einbezogen. Obwohl die Sowjetunion schon 1945 zielstrebig begonnen hatte, in ihrer Zone eine getrennte politische, wirtschaftliche und ideologische Einheit zu bilden, legte sie den Westmächten 1948 die Teilung Deutschlands zur Last. Am 20. März 1948 hatte sie bereits die Mitarbeit im Kontrollrat für Deutschland beendet. Ein Vierteljahr später folgte der Rückzug aus der Berliner Kommandantur, nachdem die sowjetischen Vertreter am 16. Juni den Tagungsraum unter einem Vorwand. verlassen hatten. Die Zeit der Vier-Mächte-
Verwaltung Berlins war damit vorüber, und am 23. Juli 1948 ordnete die UdSSR für ihren Bereich eine Geldum-
stellung an, allerdings nicht nur in der Ostzone und in Ost-Berlin, sondern für ganz Berlin. Da dies die Westsektoren

Berlins an die Ostzone gekoppelt hätte, entschieden die Westmächte jetzt, die D-Mark auch im Westen Berlins auszugeben. Diese trug anfangs einen „B-Stempel" und galt neben der Ostmark. Erst am 20. März 1949 wurde die D-Mark in West-Berlin alleiniges Zahlungsmittel.
Die Sowjetunion benutzte die westliche Währungsreform als Anlass für die Blockade West-Berlins. Mit der Sperraktion sollten die Westmächte veran-
lasst werden, die Stadt zu verlassen, möglichst auch auf den westdeutschen Staat zu verzichten. Die Blockade hatte Aussicht auf Erfolg, weil die Westsektoren auf sowjetisches Verlangen seit 1945 von den westlichen Besatzungszonen versorgt werden mussten. Vom 24. Juni 1948 ab unterbrach die UdSSR die existenznot-
wendigen Verbindungswege zwischen West-Berlin und den westlichen Zonen völlig. Zur Erklärung wies man anfangs auf „technische Störungen" hin. Gleichzeitig ließen die östlichen Behörden die Stromlieferungen in die Westsektoren stoppen, so dass die Fabriken die Arbeit einstellen mussten. Die Lebensmittelvorräte reichten

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Videobeitrag
Berlin Blockade

Rosinenbomber DC 4 SkyMaster
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Rosinenbomber

Literatur
Manfred Görtemaker -
"Gesellschaft im Kalten Krieg"; In: "Kleine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland"

nur für 36, die Kohle für 45 Tage. Es drohte eine schwere Notlage. Der amerikanische Militärgouverneur in Deutschland, General Clay, kennzeichnetedie Aktion als

Berliner Blockade
Berliner Blockade
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einen „der brutalsten Versuche der neueren Geschichte, eine Massenaushungerung als politisches Druckmittel zu benutzen". Den einzigen defensiven Ausweg bot der offen gebliebene Luftweg. Dennoch stand dahin, ob es technisch möglich sein werde, so den Bedarf von über zwei Millionen Menschen auf unbestimmte Zeit zu decken. Harte Entbehrungen hatten die West-Berliner selbst im günstigsten Falle zu erwarten. Ihre „Westorientierung" würde auf eine harte Probe gestellt werden und entscheidend für den Erfolg der Luftoperation sein. Ernst Reuter (SPD), ihr politischer Sprecher, beantwortete die Frage Clays nach dem Willen der Bevölkerung: „Herr General, es kann überhaupt keine Frage sein, wo die Berliner stehen; die Berliner werden für ihre Freiheit eintreten und werden jede Hilfe, die ihnen geboten wird, dankbar annehmen."

Schlaglicht
Berliner Blockade
Nachdem der Alliierte Kontrollrat durch den Auszug der Sowjets am 20. März 1948 funktionsunfähig geworden war, kam es zu Behinderungen...

Erst daraufhin ließ Clay den US-Behörden seine positive Empfehlung zukommen. Außerdem war für die endgültige Entscheidung der Westmächte die Absicherung ihrer Position in Berlin maßgeblich; schien doch - nach einem kommunistischen Staatsstreich in der Tschechoslowakei vom Februar 1948 - jedes weitere Zurückweichen vor der Sowjetunion das politische Ende Westeuropas einzuleiten.
Ernst Reuter hatte für die Berliner Seite einen maßgeblichen Anteil an der Mobilisierung der Bevölkerung, wie etwa auf der großen Kundgebung vor dem Reichstagsgebäude am 9. September 1948: „Das Volk von Berlin hat gesprochen ... Völker der Welt! Tut auch Ihr Eure Pflicht... Schaut auf diese Stadt und erkennt, dass ihr diese Stadt und dieses Volk nicht preisgeben dürft und nicht preisgeben könnt!" Nur höchstens 100000 Personen gingen auf östliche Lebensmittelangebote ein. Wiederholt hatten die sowjetischen Stellen die West-Berliner aufgefordert, Lebensmittelkarten in den Geschäften Ost-Berlins anzumelden.

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Lebensmittelmarken

Wäre die Bevölkerung in größerer Zahl darauf eingegangen, hätte sie ihr Desinteresse an der westalliierten Hilfe und ihre Kapitulation gegen-
über sowjetischem Druck zum Ausdruck gebracht. Am 26. Juni 1948 war das größte Lufttransport-Unternehmen der Geschichte angelaufen. Bis Mai 1949 brachten die westlichen Alliierten mit rund 213000 Flügen mehr als 1,7 Millionen Tonnen Versorgungs-
güter. Um die Jahreswende 1948/49 begann die Sowjetunion, die Aussichtslosigkeit wie auch die Nachteile der Blockade zu erkennen.

Ihr internationales Ansehen war auf einem Tiefpunkt angelangt, und die westeuropäischen Länder schlossen sich immer enger um die USA zusammen (Gründung der Nordatlanti-
schen Verteidigungsgemeinschaft NATO am 4. April 1949).

Zudem nahm der westdeutsche Staat Gestalt an. Unter dem Eindruck der Blockade teilten die zunächst zögerlichen Politiker in den Westzonen zunehmend die Ansicht der Westmächte, dass es notwendig sei, ein Gegengewicht zu den kommunistischen Ländern zu bilden, selbst wenn das die Teilung vertiefte.

Im Rahmen der Vereinten Nationen (UNO) nahm die Sowjetunion Gespräche mit den USA auf. Sie führten am 4. Mai 1949 zum New Yorker Abkommen der Vier Mächte. Durch diesen Vertrag wurde die Blockade am 12. Mai beendet. Nur elf Tage später, am 23. Mai wurde das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet und verkündet.
Der Preis, der für die Freiheit der Westsek-
toren entrichtet werden musste, waren das Ausscheiden Ost-Berlins aus der gemeinsamen Verwaltung und die Teilung. Im Ostsektor, Bezirk Mitte, residierten das Stadtparlament und der Ost-Berliner Magistrat. Ihre politische Zusammensetzung und Zuständigkeit für ganz Berlin standen der sowjetischen Absicht entgegen, zumindest den eigenen Sektor in die ostzonale Umgestaltung einzubeziehen.

Schließlich stürmten kommunistische Demon-
stranten am 6. September 1948 das Parlament im Neuen Stadthaus. Die nichtkommunisti-
schen Verordneten sahen sich veranlasst, fortan im Westen Berlins zu tagen: erst im Studentenhaus am Steinplatz, dann im Rathaus Schöneberg.

Daraufhin konstituierten die kommunistischen Kräfte eine „Außerordentliche Stadtverordnetenversammlung". Diese setzte am 30. November 1948 einen Magistrat ein, der den sowjetischen Behörden genehm war. Bis zum 1. Dezember musste der legale Magistrat ebenfalls ins Rathaus Schöneberg ausweichen.