Druckversion
www.deutschegeschichten.de/zeitraum/themaplus.asp?KategorieID=1006&InhaltID=1630&Seite=2

Deutsche Geschichten


Mauerfall
Die Mauer verschwand wie sie gut achtundzwanzig Jahre vorher entstanden war: über Nacht und unerwartet.

Demonstrationen erzwingen Ablösung Honeckers

Das brutale Vorgehen von Polizei- und »Stasi«-Einheiten gegen die friedlichen Demon-
strationen am 7. Oktober in Ost-Berlin, Leipzig, Dresden und anderen Städten der DDR löste in der ganzen Welt Empö-
rung aus.

Politische Bildung
40. Jahrestag der DDR
In dieser Situation kam das festliche Ereignis des 40. Jahrestages der DDR am 6. Oktober 1989 durchaus ungelegen. Die öffentlichen Demonstrationen und Aktivitäten der Oppositionsgruppen erreichten am Vorabend dieses Tages einen neuen Höhepunkt.

Als zwei Tage nach der miss-
glückten DDR-Geburtstagsfeier nach den traditionellen Mon-
tagsgebeten am 9. Oktober in Leipzig erneut mehr als 70000 Menschen für eine Erneuerung der DDR auf die Straße gingen, schritten Volkspolizei und Sicherheitskräfte nicht ein. Bis heute ist ungeklärt, auf wessen Anordnung der bereits vorlie-
gende Einsatzbefehl für die Sicherheitskräfte zurückge-

zogen wurde. Eine Woche später demonstrierten in der ganzen DDR bereits Hundert-
tausende für demokratische Reformen.
Den auf den Straßen sich machtvoll mit den Rufen »Wir bleiben hier« und »Wir sind das Volk« zu Wort meldenden Demonstranten kamen jetzt auch Schriftsteller und Schau-
spieler, Sänger und Rockkünst-
ler mit eigenen Resolutionen zu Hilfe, in denen die Regierung aufgefordert wurde, endlich Reformen einzuleiten, mit denen auch die anhaltende Flüchtlingsbewegung gestoppt werden könne. Das SED-Politbüro trat am 10. und 18. Oktober zu Krisensitzungen zusammen. Zum ersten Mal wurden kritische Stimmen zu Honeckers Führungsstil laut.

Politische Bildung
Sturz Honeckers
Gemeinsam mit Schabowski und dem Vorsitzenden des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB), Harry Tisch, verabredete Egon Krenz am 15. Oktober, dass Honecker gleich zu Beginn der Sitzung von Ministerpräsident Willi Stoph zum Rücktritt aufgefordert werden solle. Honecker leistete kaum Widerstand...

Video
Videobeitrag
Zeitzeugenbericht:
Nach der Wende

Video
Videobeitrag
Akt der Befreiung

Chronologie
Chronologie 1989-1996

Als sich der Staatsratsvor-
sitzende und SED-Generalse-
kretär allen Reformvorschlä-
gen erneut versagte, bean-
tragten zahlreiche Politbü-
romitglieder seine Ablösung.
Am 18. Oktober trat Honecker als Generalsekretär zurück. Auch die Politbüromitglieder Günter Mittag und Joachim Herrmann wurden aus ihren Funktionen abberufen.
Zum neuen Generalsekretär der Partei wurde Egon Krenz gewählt, der anschließend ineiner Fernsehansprache die Wende ankündigte, gleichzeitig aber jeden zur

Mauerfall
Mauerfall
Seite 1 | 2 

»Ausgestaltung der sozialistischen Gesell-
schaft« aufforderte.

Biographie
Egon Krenz

Am 24. Oktober erfolgte die totale Entmachtung Honeckers, er verlor nun auch seine Ämter als Staatsratsvorsitzender und als Vorsitzender des Nationalen Verteidigungs-
rates.

9. November 1989: Öffnung der Grenzen - die neue Reisefreiheit

Nach dem Sturz Honeckers überschlugen sich die Ereignisse in der DDR. Egon Krenz, sein Nachfolger im Amt des Generalsekretärs der SED, wurde am 24. Oktober entgegen heftigen Protesten aus der Bevölkerung von der Volkskammer (bei 26 Neinstimmen) zum Staatsratsvorsitzenden gewählt.

Politische Bildung
Krenz und Modrow als Nachfolger
Bereits am folgenden Tag wurde Egon Krenz auf Vorschlag des Politbüros vom Zentralkomitee der SED zum neuen Generalsekretär der Partei gewählt.

Er bemühte sich um einen neuen Führungsstil, indem er sich nach allen Seiten gesprächsbereit zeigte. Er kündigte als erste Reformmaßnahme Reiseerleichterungen an und warb bei der Bevölkerung um Vertrauen. Eine Amnestie für Flüchtlinge und Demonstranten wurde erlassen (27. Oktober) und ein Ermittlungsverfahren gegen Angehörige der Polizei und Staatssi-
cherheit wegen der Vorgänge am 7. Oktober eingeleitet. Ab 1. November wurde erneut der visafreie Reiseverkehr in die Tschechoslowakei eingeführt, wodurch die Zahl der Flüchtlinge wieder sprunghaft anstieg. Die Demonstratio-
nen wurden in zahlreichen Städten fortgesetzt.

In Ost-Berlin forderten am 4. November über eine halbe Million Menschen Reformen, freie Wahlen, Abschaffung des Machtmonopols der SED, Rechtsstaatlichkeit, Presse- und Meinungsfreiheit sowie Reisefreiheit. Deutlich kam zum Ausdruck, dass die SED-Führung ihre

Glaubwürdigkeit verspielt hatte und man auch dem neuen Staatsratsvorsitzenden Krenz und der neuen Führung die Aufrichtigkeit ihres Sinneswandels nicht glaubte. Die Schriftstelle-
rin Christa Wolf prägte für sie das Wort von den »Wendehälsen«. Am 7. November trat der Ministerrat mit seinem Vorsitzenden Willi Stoph zurück, am 8. November das gesamte Politbüro. Das Zentralkomitee wählte ein neues, auf elf (vorher 21) Mitglieder ver-
kleinertes Politbüro (darunter der Dresdner Bezirkschef Hans Modrow) und bestätigte die Wahl von Egon Krenz zum Generalsekretär. Modrow, der sich bereits seit längerem als reformbereiter Politiker zu erkennen gegeben hatte, entwickelte sich zum neuen Hoffnungsträger. Am Abend des 9. November gab das Politbüromitglied Günter Schabowski auf einer Pressekonferenz völlig überraschend bekannt, dass alle DDR-Grenzstellen zur Bundesrepublik und nach West-Berlin geöffnet würden. Noch in derselben Nacht strömten viele Tausende von DDR-Bürgern bei Visapflicht, aber nachlässigen Kontrollen nach West-Berlin und in die grenznahen Städte der Bundesrepublik, wo es zu volksfestartigen Wiedersehensfeiern zwischen den Deutschen aus Ost und West kam. Schätzungsweise zwei Millionen DDR-Bürger statteten bis zum Sonntagabend (12. November) West-Berlin einen Besuch ab, eine weitere Million erprobte die neue Reisefreiheit mit Besuchen in bundesdeutschen Städten. Zur Bekräftigung der Reisefreiheit informierte das DDR-Verteidigungsministerium am 13. Dezember, dass mit sofortiger Wirkung alle Sperrzonen entlang der Berliner Mauer und der gesamten Grenze zur Bundesrepublik aufgehoben seien.

Literatur
Willy Brandt-
"Erinnerungen"

Nicht nur hierzulande, sondern in aller Welt zählt Willy Brandt noch heute zu den >großen Leitfiguren< (Richard von Weizsäcker). In seinen Memoiren zeichnet er seinen persönlichen und politischen Werdegang nach, in dessen Verlauf er zum ersten sozialdemokratischen Bundeskanzler und durch den Spionagefall Guillaume zum Rücktritt gezwungen wurde. Ein Zeitzeugnis ersten Ranges, das die bewegte Geschichte des 20. Jahrhunderts widerspiegelt. "Analytisch scharf in der Sache, glaubwürdig, sensibel und human - ein großer Beitrag zu den Zeitverhältnissen." (Die Zeit)

Mehr Informationen zum Thema "Mauerfall" finden sie im Dossier >>>