Deutsche Geschichten
Deutsche Revolution
Deutsche Revolution
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Die Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung wurden auf den frühestmöglichen Termin (19. Januar 1919) festgesetzt. Damit hatte sich erwartungsgemäß die politische Linie der MSPD durchgesetzt. Denn von den 514 Delegierten des Reichsrätekongresses stellte sie rund 300, die USPD etwa 100 (darunter 10 Spartakisten); die übrigen waren Linksliberale, Parteilose oder Vertreter unabhängiger revolutionärer Gruppen. Die Schwäche der radikalen Linken wurde dadurch unterstrichen, dass Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht kein Mandat erhalten hatten.

Militarismus
Der Militärdienst wurde zur »Schule der Nation« aufgewertet. Wer gedient hatte, galt mehr in der Gesellschaft, wer in seiner beruflichen Laufbahn vorankommen wollte, musste natürlich Reserveoffizier sein.

Umso mehr überraschten zwei weitere Beschlüsse: Die Volksbeauftragten wurden angewiesen, "mit der Sozialisierung aller hierzu reifen Industrien, insbesondere des Bergbaus, unverzüglich zu beginnen". Ferner sollten sie die militärische Kommandogewalt (unter der Kontrolle des Vollzugsrates) selbst übernehmen und für die "Zertrümmerung des Militarismus" und die "Abschaffung des Kadavergehorsams" sorgen. Offenbar existierte in der starken demokratisch-sozialistischen Massenbewegung jener Wochen ein parteiübergreifender Konsens über eine strukturelle Demokratisierung von Heer, Verwaltung und Wirtschaft. Die dafür notwendigen Maßnahmen sollten nicht der Nationalversammlung (das heißt der Kompromissbereitschaft des Bürgertums) überlassen, sondern bereits jetzt von den mit nahezu diktatorischen Vollmachten ausgestatteten Volksbeauftragten getroffen werden.

Doch die Mehrheitssozialdemokraten blieben ihrer politischen Devise treu, dass man der Nationalversammlung nicht vorgreifen dürfe, und sorgten dafür, dass die Reformbeschlüsse des Rätekongresses nicht umgesetzt, sondern hinausgezögert wurden. Je länger die Volks-
beauftragten an der Politik der "Konkursver-
waltung" festhielten, und je mehr sie damit die aktivistische radikale Linke gegen sich auf-
brachten, desto stärker mussten sie sich an die alten Mächte anlehnen, um sich zu behaupten - vor allem an das Militär, dessen Stellung dadurch nahezu unangreifbar wurde. Diese Politik führte schließlich zum Blutver-
gießen und zum Bruch zwischen USPD und MSPD.

Weihnachtskämpfe

Seit Mitte Dezember schwelte ein Streit um die "Volksmarinedivision", die nach dem 9. November 1918 zum Schutz des Berliner Regierungsviertels aus etwa 1000 Kieler Matrosen aufgestellt und im Schloss einquar-
tiert worden war. Mittlerweile stand sie der USPD und dem "Spartakusbund" nahe, rückte jedoch ihre materiellen Interessen in den Vordergrund - im Schloss verschwanden Kunstschätze. Daher sollte die Volksmarine-

division nach dem Willen der Volksbeauf-
tragten ein neues Quartier beziehen. Die Matrosen stimmten erst zu, ließen es jedoch am 23. Dezember auf eine Machtprobe ankommen: Sie setzten die Volksbeauftragten in der Reichskanzlei fest und entführten den Stadtkommandanten Otto Wels in den Marstall, wo er misshandelt wurde.

Daraufhin rief Friedrich Ebert über eine nicht überwachte Telefonleitung OHL-Truppen zu Hilfe, die sich am nächsten Tag bei einem Feuergefecht mit der Volksmarinedivision als bürgerkriegsuntauglich erwiesen: Sie zogen sich zurück, als sie auch die Sicherheitswehr des Berliner Polizeipräsidenten Emil Eichhorn (USPD), bewaffnete Arbeiter und eine unbewaffnete Volksmenge gegen sich hatten. Ebert erlitt eine Niederlage: Wels kam frei, musste aber als Stadtkommandant zurücktreten; Schloss und Marstall wurden geräumt, aber die Volksmarinedivision blieb bis auf weiteres bestehen. Aus Protest gegen den Militäreinsatz beendete die USPD am 29. Dezember ihre Zusammenarbeit mit der MSPD und schied aus den Revolutionsregierungen aus. Im Rat der Volksbeauftragten wurden die USPD-Mitglieder von den Mehrheitssozial-
demokraten Gustav Noske (Militär) und Rudolf Wissell (Arbeit und Soziales) abgelöst.
Die Weihnachtskämpfe und der Bruch zwischen den beiden Linksparteien signalisierten den Eintritt der Revolution in eine zweite, weitaus radikalere Phase. Bereits seit Mitte November hatte die OHL parallel zur Demobilisierung des Heeres die Bildung von "Freikorps" durch ausgesuchte Offiziere gefördert. In diesen (meist von Großagrariern und Industriellen finanzierten) militärischen Freiwilligenverbänden sammelten sich antirevolutionär, monarchistisch und nationalistisch eingestellte Weltkriegssoldaten, die nur das Kriegshandwerk gelernt hatten, keinen Rückweg in eine zivile Existenz mehr fanden und gegen den "Bolschewismus" kämpfen wollten. Jetzt ließen auch die Volksbeauftragten in Zusammenarbeit mit der OHL überall Freikorps anwerben. Diesen war die Sicherung der östlichen Grenzgebiete und (entsprechend dem Waffenstillstandsab-
kommen) der Schutz des Baltikums vor der Roten Armee zugedacht, sie sollten sich aber auch für den Einsatz im Innern eignen. Bis März 1919 entstanden etwa 100 Freikorps unterschiedlicher Stärke mit einer Gesamtzahl von 250000 Mann. Sie fühlten sich allein ihren Kommandeuren und dem Staat als solchem verpflichtet, nicht aber der Republik und der Demokratie.


Gründung der KPD
Am 1. Januar 1919 gründete der "Spartakusbund" zusammen mit Hamburger und Bremer Linksradikalen die "Kommunistische Partei Deutschlands" (KPD) ...

Januaraufstand

Nach den Weihnachtskämpfen war die nächste Machtprobe bereits programmiert: Ein Berliner Polizeipräsident, der Aufständischen half, statt die Regierung zu

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