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Wirtschaftswunder
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im Zweiten Weltkrieg bereits erreichten Höchststand eingeholt. In der ersten Hälfte der fünfziger Jahre erfolgte allerdings eine rasche Zunahme auf etwa 820 Millionen (= 15,6 Kinobesuche je Einwohner) 1956. Danach ging die Zahl der Kinobesuche allmählich wieder unter den Stand von 1950 zurück.

Schließlich soll als besonderes außerhäusliches Ereignis der Kirchgang - gewöhnlich am Sonntagvormittag - erwähnt werden, der während der fünfziger Jahre, entgegen dramatischen Klagen über eine fortschreitende Verweltlichung der Gesellschaft, gleichbleibend hoch blieb. Über die Hälfte der Katholiken und etwa ein Siebtel der Protestanten zählten zu den regelmäßigen Kirchgängern. Bei der traditionell höheren Gottesdienstaktivität der Katholiken muss zudem bedacht werden, dass sie eher in kleineren Ortschaften lebten, wo der sonntägliche Kirchgang stärker zum Lebensrhythmus der Bevölkerung gehörte als in der Stadt. Erst seit Mitte der sechziger Jahre verringerte sich die Zahl der Gottesdienstbesuche zuerst langsam, dann sehr rasch, Anzeichen eines Bruchs im kirchlichen Verhalten zwischen den Generationen.

Anfänge des Massentourismus

Zum häuslich geprägten Familien- und Privatleben, einem ruhigen Feierabend und unspektakulären Wochenende passte der noch sehr geringe Stand des Tourismus - entgegen dem verbreiteten Bild vom deutschen Italienurlauber, das als typisch für die fünfziger Jahre assoziiert wird.

Die Urlaubsdauer war kurz und wurde nur unwesentlich ausgeweitet, weil die Verringerung der Wochenarbeitszeit Vorrang hatte. Erst 1963 kam es zu einer bundesgesetzlichen Regelung des Mindesturlaubs: 15 Tage bis zur Vollendung des 35. Lebensjahres, danach 18 Tage Urlaub im Jahr. Eine Urlaubsreise unternahm zu Beginn der fünfziger Jahre etwa ein Fünftel, Mitte des Jahrzehnts ein Viertel und 1960 ein Drittel der westdeutschen Bevölkerung (aber nur ein Viertel der Arbeiterhaushalte).

Beim Tourismus handelte es sich zudem noch kaum um Urlaubsreisen ins Ausland - Mitte der fünfziger Jahre besaß überhaupt erst ein Fünftel der Bundesbürger einen Reisepass, damals in der Regel Voraussetzung für einen Grenzübertritt. Auch 1960 reiste erst jeder dritte Tourist, also jeder zehnte Einwohner, ins Ausland. Abgesehen von Italien handelte es sich dabei überwiegend um die deutschsprachigen Nachbarländer, vor allem Österreich, wo die Sprache verstanden wurde und man sich heimisch fühlen konnte.

Seit dem letzten Drittel der fünfziger Jahre modernisierte sich der Massentourismus dann zusehends. Bis 1957 benutzte die Mehrheit der Urlaubsreisenden die Eisenbahn, ein Viertel den Personenkraftwagen. Bis zur Mitte der sechziger Jahre hatte sich dieses Verhältnis umgekehrt. Und während Mitte der fünfziger Jahre noch fast die Hälfte der Touristen bei Verwandten unterkam, waren es Anfang der sechziger Jahre weniger als ein Drittel. Die anderen zwei Drittel machten in Pensionen und Hotels Urlaub oder pflegten die aufkommende Camping-Kultur, deren Basis die individuelle Reise mit dem Auto oder mindestens mit dem Motorrad war. Die zunehmende Motorisierung war auch der Grund für die steigende Entfernung der Reiseziele.

Massenmedien

Die fünfziger Jahre waren der Höhepunkt des Radiozeitalters und zugleich der Beginn des Fernsehzeitalters in der Bundesrepublik.

Der Siegeszug des Hörfunks hatte zwar schon in den zwanziger Jahren begonnen, und am Vorabend des Zweiten Weltkriegs verfügten bereits zwei Drittel aller deutschen Haushalte über einen Rundfunkapparat. Aber die beinahe restlose Versorgung der Bevölkerung mit diesem Medium vollzog sich in den fünfziger Jahren.

Das Rundfunkgerät stellte das ideale Mittel dar, die Häuslichkeit attraktiv zu gestalten und bildete das Zentrum des Feierabend- und Wochenendgeschehens. Eindeutiger Spitzenreiter in der Hörergunst waren unterhaltende Sendungen, besonders sogenannte Bunte Abende mit leichter Musik, einigen kabarettistischen Einlagen und Ratespielen sowie leicht fassliche Hörspiele mit heiterer und kriminalistischer Note. Unterhaltungsmusik aller Art war gefragt, von der Operette bis zur Marschmusik, von den leichten Weisen der sendereigenen Orchester bis zur deutschen Schlagerparade, die es schon Anfang der fünfziger Jahre gab. Verpönt war beim Publikum lediglich der Jazz, der nur eine Minderheit jugendlicher Liebhaber fand - ein Indiz für die Ähnlichkeit geschmacklicher Vorlieben der dreißiger und der fünfziger Jahre.

Am Ende der fünfziger Jahre gingen die Einschaltquoten, vor allem abendlicher Sendungen, und die durchschnittliche tägliche Hördauer deutlich zurück (von drei auf zwei Stunden), eine Folge vor allem der beginnenden Massenverbreitung des Fernsehens (ab 1954), dessen Angebot von Sendungen der 1950 gegründeten ARD (Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik

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