Deutsche Geschichten
Opposition in der DDR
Opposition in der DDR
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September gestattete, die Grenze nach Österreich legal zu überschreiten, flohen nicht nur Hunderte, sondern Tausende täglich. Bis Ende September waren es insgesamt bereits 32500. Im SED-Politbüro beschuldigte Mittag die Ungarn des "Verrats am Sozialismus" und konnte dennoch nur resigniert den Rapport eines Abgesandten entgegennehmen, der nach Budapest geschickt worden war, um "die Dinge zu verlangsamen", und von dort mit leeren Händen zurückkehrte: Die Ungarn hatten die Kontrolle verloren und, für die SED noch schlimmer, beabsichtigten offenbar gar nicht, sie zurückzuerlangen. Außenminister Gyula Horn, so berichtete der Emissär, sei die "treibende Kraft" hinter dieser Entwicklung. Das ungarische Militär stehe den "Erwartungen der DDR" zwar loyal gegenüber, sei jedoch nicht mehr einig. Ähnliches verlautete aus Moskau: Auf die Bitte von DDR-Außenminister Fischer, ein Warschauer-Pakt-Treffen einzu-
berufen, um die Ungarn zur Räson zu bringen, antwortete Gorbatschow, die Zeit sei vorüber, in der eine Abweichung von der allgemeinen Linie durch den Druck der Mehrheit habe korrigiert werden können.

Die DDR stand allein.

Montagsdemos

Währenddessen nahm der Umfang der Pro-
teste und Demonstrationen innerhalb der DDR zu. Seit Juni wurden am 7. jeden Monats Protestaktionen veranstaltet, um an die Manipulation der Kommunalwahl vom 7. Mai zu erinnern. Darüber hinaus begannen am 4. September in Leipzig nach einem Friedensge-
bet in der Nikolaikirche etwa 1200 Menschen mit den "Montagsdemonstrationen", auf denen Forderungen nach Reise- und Versammlungs-
freiheit laut wurden. Bis zum 25. September war die Teilnehmerzahl auf 5000 angewach-
sen. Am 2. Oktober belief sie sich bereits auf etwa 20000. Ermutigt durch den Erfolg dieser Aktionen wurden nun auch politische Organisa-
tionen gegründet, die sich zum Teil als Partei-
en, zum Teil als Bürgerbewegungen verstan-
den: am 10. September das Neue Forum, am 12. September Demokratie Jetzt, am 7. Oktober die Sozialdemokratische Partei in der DDR und am 29. Oktober der Demokratische Aufbruch. Die SED-Führung sah sich damit jetzt nicht nur den Liberalisierungstendenzen in Osteuropa und der Fluchtbewegung aus der DDR, sondern auch einer wachsenden und sich zunehmend organisierenden Opposition in der DDR gegenüber.

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